"Unsere Analysten müssen Farbe bekennen"
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"Unsere Analysten müssen Farbe bekennen"
"Unsere Analysten müssen Farbe bekennen"
Die LBBW Asset Management hat bei der Extel-Umfrage 2014 ihren ersten Platz in Deutschland erfolgreich verteidigt. Im Rahmen dieser Studie wurden europaweit über 1100 börsennotierte Unternehmen und Investmenthäuser befragt, welche Vermögensverwalter die besten Buyside-Analysten haben. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Wir sprachen mit Harald Wölfle, Leiter Equity bei der LBBW Asset Management, über die hohe Kunst der Aktienanalyse.
Herr Wölfle, die Analysten der LBBW Asset Management gehören zu den besten der Branche. Worauf führen Siediesen Erfolg zurück?
Harald Wölfle: Das Ergebnis ist in erster Linie ein Zeichen unserer umfassenden Expertise und langjährigen Erfahrung. Der wohl wichtigste Punkt dabei ist unser hohes Research und BranchenKnowhow. Unsere Analysten machen ihre Arbeit im Schnitt seit 13 Jahren und kennen sich entsprechend gut mit ihren Branchen und den Unternehmen aus.
Und welche Rolle spielt die Erfahrung?
Erfahrung ist ein wichtiger Faktor. Denn sie hilft, Situationen und Entwicklungen besser einzuschätzen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Das wiederum kommt unseren Empfehlungen zugute, von denen, last, but not least, unsere Kunden in Form einer guten Performance profitieren. Aber es gibt noch einen anderen Aspekt.
Der da wäre?
Aufgrund ihres tief greifenden Knowhows können sie sich mit den Spezialisten der Investmenthäuser und den Vorständen der Unternehmen auf Augenhöhe unterhalten. Wir werden als kompetente Gesprächspartner wahrgenommen und daher gut und schnell mit Informationen versorgt, haben also unser Ohr eng am Puls des Marktes.
Was versteht man eigentlich unter einer Buyside Aktienanalyse?
BuysideAnalysten arbeiten in der Regel bei institutionellen Investoren wie Fondsgesellschaften. Sie stehen also auf der Käuferseite und unterstützen ausschließlich die Fondsmanager im gleichen Haus.
Bei der fundamentalen Aktienanalyse wird grundsätzlich zwischen zwei Ansätzen unterschieden: Bottomup und Topdown. Können Sie uns kurz den Grundgedanken hinter der jeweiligen Methode erklären?
Beim TopdownAnsatz basiert die Investmententscheidung im Wesentlichen auf einer schrittweisen Analyse von oben nach unten. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei in der Regel auf den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Anschließend werden Branchentrends untersucht.
Und Bottomup?
Beim BottomupAnsatz basiert die Investmententscheidung auf der Analyse einzelner Unternehmen. Die Portfoliostrukturierung erfolgt schwerpunktmäßig von unten nach oben, wobei Länder und Brancheneinschätzungen zusätzlich berücksichtigt werden können.
Welchen Analyseansatz präferiert die LBBW Asset Management bei ihren Beurteilungen?
Unser Investmentprozess im Bereich Equity ist Bottomup orientiert mit Fokus auf der klassischen Fundamentalanalyse von Einzelwerten.
Können Sie den Analyseprozess etwas näher beschreiben?
Unser ResearchTeam umfasst sechs Analysten. Jeder Analyst ist in der Regel für eine bis drei Branchen zuständig. Die Fondsmanager nehmen in einer Doppelfunktion eben falls ResearchAufgaben wahr und analysieren zusätzlich zu ihrer Hauptaufgabe kleinere Branchen. Insgesamt analysieren wir rund 600 Unternehmen. Dabei nutzen wir ein vierstufiges Votensystem. Für unsere Analysten heißt es dann: Farbe bekennen. Ein neutrales Votum ist nicht möglich.
Woher kommen die Informationen?
Aus verschiedenen Quellen: Als besonders wertvoll erachten wir aber unsere regelmäßigen Kontakte zu den Unternehmen, insbesondere zu den Vorständen. Unsere Analysten und Fondsmanager haben im Jahr insgesamt zwischen 500 und 600 Kontakte. Das ist eine stolze Zahl.
Wird auch auf Indikatoren der Technischen Analyse, zu der zum Beispiel die Chartanalyse zählt, geachtet?
Zur Optimierung des ResearchProzesses und als Impulsgeber für neue Investmentideen wird auch die Technische Analyse beziehungsweise die Chartanalyse eingesetzt. Gerade bei starken Marktschwankungen kann die Chartanalyse wertvollen Input liefern.
Wie können die Fondsmanager die Qualität ihrer Analysen messen? Sind die Voten bindend oder haben sie eher Empfehlungscharakter?
Die Voten stellen die elementare Entscheidungsgrundlage für das Fondsmanagement dar. Sie haben jedoch lediglich Empfehlungscharakter. Die Research-Empfehlungen werden zusätzlich in einem realen Aktienfonds um gesetzt. Dieses echte Research-Portfolio ermöglicht eine realitäts- und zeitnahe Performancemessung der Analystenempfehlungen.
Wie eng ist eigentlich die Zusammenarbeit zwischen Analysten und Fondsmanagement, beziehungsweise welche Schnittstellen gibt es?
Im Gegensatz zu vielen großen AssetManagern, deren Teams häufig über die ganze Welt verstreut sind, arbeiten bei uns Research und Fondsmanagement in einem Großraumbüro zusammen. Hierdurch können Investmentideen jederzeit diskutiert und ohne große Zeitverzögerung umgesetzt werden.
Gibt es für den Informationsfluss auch einen organisatorischen Rahmen?
Gewiss. Jeden Morgen findet das Morning-Meeting der Analysten und Fondsmanager statt, in dem wichtige volkswirtschaftlichen Daten, die Vorgaben aus den USA und Asien sowie die wichtigsten Unternehmensmeldungen und Broker-Calls kurz besprochen werden. Eine ausführlichere Kommentierung von Unternehmensmeldungen, Unternehmensbesuchen und Brokerkontakten durch die Analysten erfolgt anschließend per E-Mail. Darüber hinaus treffen sich unsere Analysten mit den Fondsmanagern wöchentlich zur Aktienstrategiesitzung.
Klingt so, als würden Sie nichts dem Zufall überlassen.
In unserem Haus legen wir darauf Wert, dass unsere Analysten das Fondsmanagement flexibel und unabhängig mit maßgeschneiderten Analysen versorgen. Externe Research-Häuser können das nicht leisten. Wir sind keine Research-Fabrik, die Massenware liefert. Wir sind eine hoch motivierte, über lange Jahre eingespielte Mannschaft.
Die Titelselektion erfolgt bei der LBBW Asset Management in der Regel auf einem mehrstufigen Analyseprozess. Können Sie uns beschreiben, welche Schritte ein solcher Prozess durchläuft?
Der Investmentprozess für unsere Aktienfonds ist zweigeteilt und für alle unsere Fonds weitgehend identisch. Im ersten Schritt durchforsten die Analysten laufend ihr Anlageuniversum und geben Kauf und Verkaufsempfehlungen auf Basis klassischer Fundamentalanalyse. Im Fokus stehen hierbei sowohl qualitative Aspekte, wie zum Beispiel die Attraktivität des Geschäftsmodells und der Produktpalette oder die Qualität des Managements, als auch quantitative Kriterien, wie etwa die Gewinnentwicklung, die Bilanzqualität oder die aktuelle Bewertung. Im zweiten Schritt trifft der Fondsmanager die Kauf und Verkaufsentscheidung.
Gibt es Kennziffern oder Indikatoren, auf die Sie ein besonderes Augenmerk liegen?
Bei der Einzelwerteauswahl greifen wir in erster Linie auf die klassischen Bewertungsfaktoren wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis oder Enterprise-Value-Kennzahlen wie etwa den EV/EBITDA zurück. Ein besonderes Augenmerk legen wir außerdem auf die Wachstumsdynamik eines Unternehmens, auf die Verschuldungssituation oder die FreeCashflow-Generierung. Für unsere Dividendenfondsfamilie spielt natürlich die Dividendenrendite eine zentrale, aber nicht ausschließliche Rolle.
In der Regel basiert die Aktienanalyse auf objektiven Daten. Spielt das viel zitierte Bauchgefühl überhaupt keine Rolle?
An der Börse werden nicht nur harte Fakten, sondern auch Erwartungen, Fantasien oder Eintrittswahrscheinlichkeiten gehandelt. Insofern spielt das Bauchgefühl eine sehr wichtige Rolle, zum Beispiel zur schnellen Einschätzung der Auswirkungen von neuen Sachverhalten.